Mit Courage wider den Zeitgeist: Gymnasium Lemwerder gegen Rassismus und Ausgrenzung

Am Donnerstag, dem 02.11.2023 ging es in der kleinen Pausenhalle des Gymnasiums Lemwerder festlich zu: Im Rahmen eines bunten Programms wurde der Schulgemeinschaft von der Regionalkoordination des Netzwerkes – vertreten durch Constanze Schnepf – feierlich das Schild “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” überreicht.

Mit diesem Schild verpflichtet sich die Schule selbst, Rassismus und Diskriminierung aller Art zu bekämpfen und aktiv ein Schulklima zu gestalten, welches die Werte einer offenen und toleranten Gesellschaft vertritt.

Auslöser, sich in diesem Bereich besonders zu engagieren, waren für die initiierenden Lehrkräfte, Kathrin Kittel und Oliver Meyer, die Nazischmierereien, welche im August 2018 auf der Farbflutwand am Weserufer in Lemwerder auftauchten. “War es Unwissenheit? Provokation? Eine Mutprobe? Oder steckte tatsächlich rechtsradikales Gedankengut dahinter? Wir wussten es nicht”, sagt Oliver Meyer. Durch Recherche kamen die beiden Pädagog*Innen auf das Schulnetzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.

Nachdem der Schülerrat des Gymnasiums die Idee, sich in diesem Bereich besonders zu engagieren, unterstützte, zogen schnell alle Schulmitglieder nach.
Eines der ersten Projekte war ein großes Musikprojekt mit der inzwischen verstorbenen jüdischen Holocaustüberlebenden Esther Bejarano. Gemeinsam mit dem Kölner Rapper Kutlu Yurtseven und in Zusammenarbeit mit der BEGU Lemwerder fand dieses im Jahr 2018 statt.
Kleinere Projekte folgten, so dass das Gymnasium seit November 2019 offiziell den Titel “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” tragen durfte. Auch die Überreichung des Schildes war bereits für das Schuljahr 2019/20 angedacht, doch leider kam die Pandemie dazwischen.

Mit der BEGU Lemwerder und ihrem Leiter Timo von den Berg hat das Gymnasium einen starken Partner an seiner Seite – ihn konnte es als Paten gewinnen. “Eigentlich”, so Kathrin Kittel, “hätte die Schüler*innenschaft gerne Esther Bejarano als Patin gehabt.” Doch die engagierte Botschafterin und Auschwitz-Überlebende ist leider im Jahre 2021 verstorben. Anstatt sich für einen anderen prominenten Menschen zu entscheiden, fiel die Wahl auf Timo von den Berg. “Uns war es wichtig, jemanden aus der Region an unserer Seite zu haben”, betont Kittel. “Timo kennt sich mit dem Umfeld hier aus, und die Zusammenarbeit klappt super.”

Die bisherigen gemeinsamen größeren Projekte können sich denn auch sehen lassen: Neben der Veranstaltung mit Esther Bejarano waren es vor allem die Lesung mit Jakob Springfeld und die gemeinsame Ausstellung zum Thema Menschenrechte, in der Gymnasium und BEGU Lemwerder sich als starkes Team zeigten.

Wie wichtig es ist, dran zu bleiben, betonte Timo von den Berg in seiner Rede. Er lenkte den Blick der Zuhörerschaft auf den aktuellen Zeitgeist: “Die AfD in Hessen, der Nahost-Konflikt als “gefundenes Fressen für Juden – und Muslimhasser: Die Zeit der Schubladen und der Ausgrenzung ist nicht vorbei.”

Bevor das Schild feierlich überreicht wurde, berichteten Schüler*Innen verschiedener Klassen von ihren klasseninternen Projekten zum Thema. Während in den höheren Klassen eher die Auseinandersetzung mit Filmen und Lesungen, Gesprächen und Diskussionen mit Produzent*innen und Autor*innen stand, begegneten die jüngeren Jahrgänge der Schule dem Thema Ausgrenzung und Diskriminierung spielerischer: Anhand von Sparschweinchen spielten sie z. B. durch, welche Dynamik entstehen kann, wenn plötzlich ein Schweinchen dazu kommt, das – sei es mit grünen Haaren – auf den ersten Blick ein wenig anders ist als die anderen. Doch welche Eigenschaften man hat, ob man lieber angelt, Hobby Horsing betreibt oder Fußball spielt, lieber Pommes, Pizza oder Döner isst: Es zeigt nur deutlich: In Wahrheit sind wir alle bunt – das ist die Gewissheit, die sich immer wieder herauskristallisierte.

Bei der Überreichung des Schildes lobte Constanze Schnepf von der Regionalkoordination Oldenburg die Projekte und Aktionen des Gymnasiums und machte zugleich deutlich, dass es wichtig ist, sich auch im Alltag, “im persönlichen Kontakt und wenn es weniger spannend ist” zu engagieren. “Es kostet Kraft und Mut sich einzusetzen, wenn jemand diskriminiert wird, sich unwohl fühlt. Den Zeitgeist mitbestimmen, Teil des Zeitgeistes zu sein – das ist es, worauf es ankommt.”